Jules Verne-Trophy: Boris Herrmann (NRV, BYC) jagt erneut den Weltrekord

Die Segeljagd rund um die Welt hat begonnen: Der Hamburger/Wahl-Münchner Hochseeprofi Boris Herrmann startete in der Nacht zu Montag (21. November) in Frankreich zur Jules Verne Trophy. An Bord des 31,50 Meter langen Trimarans „IDEC Sport“ will der 35-jährige mit einer sechsköpfigen, internationalen Mannschaft unter dem französischen Skipper Francis Joyon in 45 Tagen zurück in Brest sein. Der direkte Weg rund um das Kap der Guten Hoffnung, Kap Leeuwin in Australien und das legendäre Kap Horn ist mehr als 22.000 Seemeilen (rund 41.500 Kilometer) lang. Der Weltrekord steht oder fällt am 5. Januar kurz vor Mittag.

„Wir sind hochmotiviert und optimistisch, die Bestzeit diesmal zu knacken“, sagte Boris Herrmann kurz vor der Abfahrt, „die Bedingungen scheinen günstig, und die Erfahrungen zählen für uns.“ Vor bis auf einen Tag exakt einem Jahr hatte das Team zum ersten Mal die Jules Verne Trophy angegriffen und war nur um zwei Tage gescheitert. Mit der gleichen Crew, aber neuen Segeln und kleinen Verbesserungen am Boot soll das Ziel in weniger als 45 Tagen, 13 Stunden, 42 Minuten und 53 Sekunden erreicht werden. Diese Marke setzte Joyons Landsmann Loïck Peyron 2012 mit dem zehn Meter längeren Dreirumpfboot „Banque Populaire“.

Am Sonnabendnachmittag erst hatte der Skipper den Code Orange ausgerufen und seine Crew zusammengetrommelt, zu der außerdem der beste Schweizer Hochseesegler Bernhard Stamm, der Top-Spanier Alex Pella sowie die Franzosen Gwénolé Gahinet und Clément Surtel gehören. In den nächsten 72 Stunden konnte es losgehen, so der Mobilisierungsplan. Tags darauf landete Boris Herrmann vom Flughafen Hamburg in der Bretagne. Keine drei Stunden später legte die „IDEC Sport“ um viertel vor acht abends im Blitzlicht von Kameras und Scheinwerfer bereits ab, deutlich früher als intern zunächst vorgesehen. Die Strategen um den niederländischen Wetterrouter Marcel van Triest hatten zur Eile geraten.

In pechschwarzer Nacht ging es ausgangs des Englischen Kanals zur gedachten Linie zwischen dem Leuchtturm Le Créac’h auf der Insel Ushant gegenüber vom Lizard Point in Cornwall/Südengland. Um 22.14 Uhr und 45 Sekunden Ortszeit segelte die „IDEC Sport“ mit 24 Knoten (etwa 45 km/h) Richtung Atlantik. Es war ein geradezu ungewöhnlicher Start für einen Streckenrekord. Denn am Kern eines Tiefdruckgebiets wehte zunächst meist nur eine ziemlich schwache Brise.

Mancher Beobachter des Racetrackers im Internet unter borisherrmannracing.com traute seinen Augen nicht. Bis in die Morgenstunden hatte das Team schon mehr als 200 Seemeilen auf den Rekordhalter eingebüßt. „Das ist Kalkül, um die Idealbedingungen voll mitzubekommen“, erklärte Navigator Herrmann. Er sollte Recht behalten. Am Montagmorgen setzte die erwartete frische bis starke, später sogar stürmische nördliche Brise ein. Mit einer Bootsgeschwindigkeit von mehr als 30 Knoten (60 km/h) flog der Tri geradezu über die Wellen.

„Bis zum Äquator dürfte es ein schneller Ritt werden“, prophezeit Boris Herrmann, „und die Einhandsegler der Vendée Globe sind vor wenigen Tagen ziemlich zügig durch die Flautenzone im Kalmengürtel gekommen.“ Das hat der geborene Oldenburger aufmerksam beobachtet. Schließlich will er in vier Jahren als erster Deutscher selbst dabei sein. Die Vorbereitungen seines Teams Malizia vom Yacht Club de Monaco mit seinem Freund und Segelpartner Pierre Casiraghi laufen bereits.

Doch jetzt steht erstmal allein die Jules Verne Trophy für den Hochseerecken im Mittelpunkt. Es ist bereits seine vierte Weltregatta. 2009 siegte er mit Felix Oehme über Etappen beim Portimão Global Ocean Race. 2011 wurde Herrmann beim Barcelona World Race nonstop um die Welt mit dem US-Amerikaner Ryan Breymeier Fünfter. 2017 will der Hamburger als Weltrekordler angehen.

Vor ihm liegt ein harter Rhythmus rund um die Uhr. Drei Stunden Arbeit an Deck bedeutet vor allem hochkonzentriertes Steuern des sensiblen Mehrrumpfboots, aber auch Kurbeln an den Grindern zum Segeltrimmen. Zwei Stunden Freiwache werden zum Schlafen, Essen und sonstigen Bedürfnissen genutzt. Je nach Breitengrad erschwert eisige Kälte oder sengende Hitze das Unterfangen. Boris Herrmann: „Das ist zwar Entbehrung pur, aber seglerisch eine unglaublich faszinierende Herausforderung.“

Die ersten Tage auf dem Nordatlantik sollen ziemlich ruppig werden. Dafür rechneten die Wettermodelle für den Südatlantik günstige Bedingungen aus. Die „IDEC Sport“ wird zunächst auf die brasilianische Küste zuhalten, um dann im großen Bogen auf östlichen Kurs einzuschwenken und die Südspitze Afrikas zu runden. Im Südpolarmeer warten gefährliche sogenannte Growler, das sind abgebrochene, treibende Eisstücke, mit denen das Boot nicht kollidieren sollte. „Je südlicher die gewählte Route, desto kürzer, aber auch kälter ist sie“, so Herrmann, „da müssen wir das Risiko abwägen.“

Hinterm Kap Horn an der Südspitze Südamerikas könnte dann die Vorentscheidung fallen. Auf dem Rückweg vor einem Jahr machten ungünstige Winde im Südatlantik den Rekordversuch zunichte. Was die „IDEC Sport“ dort diesmal zu erwarten hat, ist beim besten Willen noch nicht vorherzusagen. Da braucht es dann auch das notwendige Quäntchen Glück, wenn schon Weihnachten und Silvester erneut auf hoher See verbracht werden.

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© Jean-Marie Liot-DPPI-IDEC

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21.11.2016 14:18 Alter: 7 yrs